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Wie wichtig ist es, dass Kinder frei spielen können?

  • Autorenbild: Stéphanie Ling
    Stéphanie Ling
  • 1. Aug. 2019
  • 2 Min. Lesezeit

Dies war eine der 100 Fragen zu Erziehung, Familie und Schule, die im Eltern Magazin «FritzFränzi» (Ausgabe 6/Juni 2019) gestellt wurde.


André Zimpel, Erziehungswissenschaftler, gab dazu folgende Antwort:

«Spielen ist wichtig, weil das menschliche Gehirn vor allem ein Sozialorgan ist, das sich durch Erfahrungen entwickelt. Kinder können besser «nachäffen» als unsere nächsten Verwandten, die Schimpansen, denen wir genetisch immerhin zu mehr als 98 Prozent ähneln. Spielen ist also keine verschwendete Zeit, sondern die effektivste Form des sozialen Lernens. Nichts macht Kinder so klug wie das selbstvergessene, frei gewählte Spiel. Wenn Kinder beim Spielen in die unterschiedlichsten Rollen schlüpfen oder Alltagsgegenständen eine neue, spielerische Bedeutung verleihen, fördern sie dadurch ganz automatisch ihr abstraktes Denkvermögen. Diese Fähigkeit ist die wichtigste Voraussetzung, um später beispielsweise Naturwissenschaften oder Fremdsprachen zu lernen. Gleichzeitig wachsen sie dabei spielerisch in die Erwartungen ihrer Umwelt hinein. Das bedeutet: Sie steigern ihre soziale Kompetenz.»


Das Freispiel ist im Waldkindergarten ein zentrales Bildungselement. Da den Kindern keine vorgefertigten Spielsachen zur Verfügung stehen, sind sie immer wieder gefordert, den Naturmaterialien eine Bedeutung/ein Wesen/eine Seele einzuhauchen. Dies erfordert ein hohes Mass an Kreativität, stimuliert die Phantasie und das Vorstellungsvermögen.


Manchen Kindern scheint das, vor allem zu Beginn des Kindergarteneintritts, schwer zu fallen. Sie stehen im Wald und wissen nicht, was sie spielen sollen: «Es hat ja keine Spielsachen», sagen sie. Sie langweilen sich - und das ist gut. Als Lehrperson und Begleiterin ist es nun meine Aufgabe diese Langeweile mit den Kindern auszuhalten. Denn Langeweile ist nicht per se etwas Schlechtes. Im Gegenteil – ein schöpferischer Prozess braucht Zeit – vor allem dann, wenn man sich seiner eigenen Schöpfungskraft noch nicht bewusst ist.


In dieser Zeit des «Aushaltens» setze ich mich zum Beispiel neben das Kind und beobachte gemeinsam mit ihm die anderen Kinder. Was spielen die? Als Begleiterin habe ich die Möglichkeit deren Spiel zu verbalisieren. «Lora spielt die Mutter und John spielt den Vater. Ich glaube Lora hat ein Baby im Bauch. Lora schickt John zum Einkaufen. Er kommt mit vielen Esswaren zurück. Was hat er wohl eingekauft? Jetzt saugt er die Wohnung». Das Kind registriert, dass der Knabe Zapfen, Steine, Blätter sammelt und als "Lebensmittel nach Hause" bringt. Der Stecken dient als Staubsauger. Vielleicht entsteht ein kurzes Gespräch zwischen mir und dem Kind. Ich ziehe mich dann wieder zurück und überlasse es sich selbst. Nicht, weil ich mich nicht mit ihm beschäftigen möchte, sondern weil es mir am Herzen liegt, dass das Kind seine eigenen Ideen entfalten kann und nicht von meinen «gefüllt» wird.


Die Erfahrungen, die ich in den letzten Jahren im Waldkindergarten machen durfte, haben gezeigt, dass das Urbedürfnis zu spielen dem Kind hilft, nach einigen Wochen selbst ins Spiel zu finden, auch wenn da keine vorgefertigten Spielsachen zur Verfügung stehen. Vielleicht spielt es mit anderen Kindern, vielleicht aber noch ganz für sich alleine. Plötzlich ist ein Stock ein Zauberstab, oder ein Blatt dient als Handy.


Das Miterleben dieses Entwicklungsschritts gehört aus meiner Sicht zu den schönsten Momenten aus dem Waldkindergartenalltag. Sobald dieser Schritt gemacht wurde, scheint irgendwie alles möglich zu sein/werden…

 
 
 

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